Symposium zu queeren Care-Communitys (129)

Wie organisieren LSBTQIA+-Personen Care-Themen in ihrem Leben? In einer hetero- und cisnormativen sowie heterosexistischen Welt stellen sich LSBTQIA+-Personen Fragen nach ihrer Gesundheitsversorgung, ihren Lebens- und Liebesformen und ihrer Reproduktionsleistung auf andere Weise als heterosexuelle und cisgeschlechtliche Menschen. Minoritätenstress, Scham vs. Selbstbehauptung, Angenommenwerden vs. Abgelehntwerden, Diskriminierung vs. Toleranz: Was bedeutet eine queere Identität, wenn die Lebensgestaltung über die persönlichen Nah-/Liebesbeziehungen hinausgeht und wir als queere Personen jonglieren müssen mit Sachzwängen und durch Sorgearbeit notwendig gewordenem Alltagspragmatismus? In fünf Vorträgen beleuchten und diskutieren wir verschiedene Themen rund um queere Care-Arbeit aus wissenschaftlicher und aktivistischer Perspektive.

Alle Vorträge werden per Flüsterübersetzung ins Farsi übersetzt.

11:00–12:15 Uhr:
Dr. Mike Laufenberg:

„To Care is to Struggle: Communities of Care zwischen Ausbeutung und Emanzipation“

12:45–13:45 Uhr:
Constanze Körner (LesLeFam):
„Lesbisch Familie leben – care work in jeder Beziehung!“

14:45–15:45 Uhr:
Francis Seeck (Institut für Queer Theory Berlin):
„Care transformieren – kollektive Sorgearbeit in trans, nicht-binären und queeren Räumen“

16:15–17:15 Uhr:
Dr. Farzada Farkhooi:
„Diese Zeiten sind voller Knoten, die nicht ausgesprochen werden können“

17:45–18:45 Uhr:
Dr. Gisela Fux Wolf (VLSP*):
„Psychotherapie als Teil der Gesundheitsversorgung: Bedingungen einer guten und sinnvollen Psychotherapie“

 

Kurzbiografien der Vortragenden:

Dr. Farzada Farkhooi im Namen des Kollektivs Care / Accountability / Conflict / Awareness (CACA): Das CACA-Kollektiv kam eher zufällig, durch die Notwendigkeit und die Umstände, zur "Community Accountability" und Konfliktlösungsarbeit. Wir waren an Konflikten, Verletzungen, systemischen oder zwischenmenschlichen Schäden beteiligt - wie es in dieser beschissenen Welt üblich ist - und wir hatten das Glück, dass wir in der Lage waren, unsere Zeit, Energie und emotionale Unterstützung anzubieten. Wir wollten (1) die unterdrückerischen strukturellen Dynamiken, die wir reproduzierten, ansprechen und etwas dagegen tun, (2) mehr Menschen im Umgang mit Konfliktlösung, Deeskalation und Fürsorge ausbilden, denn zehn Menschen, die spontan und ohne vorherige Ausbildung zusammenkommen, können keinen angemessenen Beitrag zur Aufrechterhaltung eines sicheren Raums leisten, und (3) ein stärkeres Gefühl der Verantwortlichkeit und des Bewusstseins füreinander in einer breiteren Gemeinschaft kultivieren.

Constanze Körner hat an der Freien Universität Musikethnologie, historische Musikwissenschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studiert. Schon während ihres Studiums engagierte sie sich ehrenamtlich für die Belange von Regenbogenfamilien und konnte unter der Trägerschaft des LSVD Berlin-Brandenburg seit 2006 als Projektleiterin für das Themenfeld Regenbogenfamilien erste Beratungs- und Vernetzungsangebote in Berlin anbieten. Im Jahr 2013 eröffnete sie Deutschlands erstes Regenbogenfamilienzentrum in Berlin-Schöneberg und initiierte erste Angebote für Regenbogenfamilien in Brandenburg. Dieses Jahr gründete sie zusammen mit zahlreichen lesbischen Müttern den Verein Lesben Leben Familie (LesLeFam) und ist nach wie vor freiberuflich als Referentin zum Themenfeld Regenbogenfamilien in ganz Deutschland unterwegs. Hauptamtlich ist sie jetzt bei einem diakonischen Träger tätig und lebt mit ihrer Regenbogenfamilie in Köpenick. Sie ist verheiratet und kümmert sich mit ihrer Frau um 5 Kinder zwischen 8 und 23 Jahren.

Dr. Mike Laufenberg ist Soziologe, Geschlechterforscher und Hobby-Sexualtherapeut. Er arbeitet seit vielen Jahren beruflich und politisch-aktivistisch zu den Themen Care-Arbeit, Community Building und queerfeministischer Politik. Seit 2012 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU Berlin, wo er aktuell ein Forschungsprojekt zum Einfluss wohlfahrtstaatlichen Wandels auf das Leben mit Demenz leitet. Seit 2015 organisiert er am SMU gemeinsam mit Dr. Birgit Bosold die Queerfeminist Kitchen – ein Raum zum gemeinsamen Austausch und Streit über Themen der Berliner LGBTQIA+-Communitys.

Francis Seeck ist Kulturanthropolog*in, Lehrbeauftragte und Antidiskriminierungstrainer*in und promoviert zu kollektiven Fürsorge/Care-Praxen in trans* und nicht-binären Räumen. Francis arbeitet beruflich und aktivistisch zu den Themen Klassismus/Klasse, Care, Trauer und geschlechtliche Vielfalt. Francis lehrt an der Alice-Salomon-Fachhochschule im Bereich Gender und Queer Studies in der Sozialen Arbeit und ist beim Institut für Queer Theory aktiv. 2017 veröffentlichte Francis bei Edition Assemblage Recht auf Trauer. Bestattungen aus machtkritischer Perspektive.

Dr. phil. Dipl.-Psych. Gisela Fux Wolf, Psychologische Psychotherapeut*in, 1968, Promotion zur Gesundheit lesbischer Frauen, bisherige Arbeitsbereiche: lesbischwulequeeretrans Bildungsarbeit, u. a. in der community-orientierten Bildungsarbeit zum Thema Substanzgebrauch, Lesbenberatung, Lehrbeauftragte in Gender Studies, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der klinischen Psychologie, aktuell Psychologische Psychotherapeutin in freier Praxis in Berlin. Forschungsfelder: Gesundheit lesbischer Frauen und von Transpersonen, psychosoziale Netzwerke und Barrieren in der Gesundheitsversorgung gegenüber marginalisierten Patientinnen, Vorstand im Vlsp.

Das Symposium findet in Kooperation mit dem Verein LesLeFam (Lesben Leben Familie), dem Institut für Queer Theory Berlin sowie dem VLSP* (Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie) statt.