12. Mond: 🌍 Glo-ballism 🔥 (127)
Das 12. und letzte Programm der 12 Monde ist Gaia, der Erde, Dunia, Terra, Akna gewidmet: dem außergewöhnlichen Planeten, der sich in, mit, neben und ohne den Menschen bewegt. Die fünf vorgestellten Filme des Programms 🌍 Glo-ballism🔥 präsentieren eine generationenübergreifende Gruppe von Filmemacher*innen, die im Rahmen ihrer Video-, Digital- und Filmarbeiten ihre Vergangenheiten, ihre Gegenwarten und ihre Zukünfte – und damit auch unsere als Zuschauer*innen – gequeert haben. Die im Programm gezeigten Arbeiten von Kajsa Dahlberg, Barbara Hammer, Wanuri Kahiu, Stanya Kahn und Tabita Rezaire umspannen eine Zeit von 1973-2017.
Während der Mensch am Rande seines eigenen Aussterbens entlang taumelt, erlauben uns seine Bilder und Erzählungen eine Reflexion darüber, wie, wann und wo wir Sinnlichkeit und Befreiung innerhalb von feindlichen, rassistischen, heterosexistischen, finanzialisierten, “crapitalisierten”, patriarchalen und omnizidalen institutionellen Strukturen, Paradigmen und Glaubenssystemen für uns beanspruchen können. Was genau sind diese Dinge, die wir „Bewußtsein“ oder „Erkenntnis“ nennen, die wir unserer Spezies zuschreiben – besitzen wir sie, können wir sie innehaben, werden sie durch uns wirken? Aus einer Vielfalt geopolitischer Perspektiven entwerfen die gezeigten Arbeiten auf magische Art Utopien, Dystopien, Hyperrealitäten, Hyperobjekte und Afrofuturitäten. Mit dieser Filmauswahl könnten wir uns fragen: „Gibt es etwas anderes außerhalb von queer?“
Du kannst deinen Weg ins Land der Lebenden nicht “vernunftbasiert” gestalten, indem du die gleiche tödliche Sprache der Logik anwendest, die als Waffe speziell dafür entwickelt wurde, unsere Wahrnehmungs- und Vorstellungskraft zu ersticken. Nein, meine Freundin, die Intuition muss dein treues Ross auf der Suche nach der Seele sein.
– Laurie Weeks für Ridykeulous, „Brief an die Hungrigen und die Machthungrigen“, 2015
A.L. Steiner verwendet Konstrukte von Fotografie, Video, Installation, Collage, Kollaboration, Performance, Schreiben und kuratorischer Arbeit als verführerische Metaphern, die von der Sensibilität eines skeptischen, queeren, ökofeministischen Androgyns geleitet sind. Steiner ist Mitkuratorin von Ridykeulous, Mitbegründerin von Working Artists and the Greater Economy (W.A.G.E.) und arbeitet mit zahlreichen Autor*innen, Performer*innen, Designer*innen, Aktivist*innen und Künstler*innen zusammen. Sie ist Dozentin an der Yale University’s School of Art und ist mit ihren Arbeiten in den dauerhaften Sammlungen von Museen wie dem Los Angeles Museum of Contemporary Art, dem Hammer Museum und dem Museum of Modern Art vertreten.
Die Filme im 12. Programm:
Stand in the Stream von Stanya Kahn
USA, 2011-2017, 58 Min., Englisch
Stand in the Stream ist ein rasanter digitaler Ambient-Film über das Leben, den Tod, die Verwicklung des Persönlichen mit dem Politischen und über das Primat des Bildes. Den Bogen spannend vom Alterungsprozess und Tod einer Mutter inmitten sich verändernder politischer Verhältnisse und digitaler Landschaften, wurde der Film im Laufe von sechs Jahren mit verschiedenen Kameraformaten gedreht, um unsere Bildschirm-gesättigten zeitgenössischen Perspektiven zu reflektieren. Sound und Musik werden körperlich, um die Bilder zu bewegen. Stand in the Stream lebt im Zuhause, in der Wildnis, in Online-Chatrooms und auf der Straße. Von der Geburt eines Kindes bis zum Beginn der Demenz, vom Tahrir-Platz zu Standing Rock und Trumps Amtseinführung ist Stand in the Stream eine dringliche zeitgenössische Ode und eine Geschichte für die Menschen.
Sisters! von Barbara Hammer
USA, 1973, 8 Min., Englisch
Sisters! kombiniert das vielleicht einzige Filmmaterial vom ersten Marsch zum Internationalen Frauentag in San Francisco und seltenes Filmmaterial von der zweiten Nationalen Lesbenkonferenz an der UCLA und ist ein freudvoller und entscheidender Meilenstein im feministischen, queeren und lesbischen Filmschaffen.
Der Abspann, in die Emulsion des Films geritzt, führt den Namen „Agressa“, das Pseudonym, unter dem Barbara Hammer einige ihrer frühesten Filme drehte. „Es geht darum, dass Frauen die Welt erobern: Frauen fahren LKW, wechseln Volkswagen-Motoren und führen die Polizei bei neuen Revolutionen an! Es enthält auch Aufnahmen von Frauen oben ohne, tanzend, schwitzend, – mit Babys auf den Schultern! – zur Musik der Band Family of Woman bei der zweiten Nationalen Lesbenkonferenz, die in der UCLA stattfand, wo Audre Lorde und Kate Millett sprachen.“ — Barbara Hammer
Konserviert von BB Optics und dem Academy Film Archive. Die Erhaltung dieses Films wurde durch Fördermittel des Women’s Film Preservation Fund ermöglicht. Mit freundlicher Genehmigung von Barbara Hammer und Electronic Arts Intermix (EAI), New York.
Pumzi von Wanuri Kahiu
Kenia, 2009, 21 Min., Englisch
Ein Sci-Fi-Film über das futuristische Afrika, 35 Jahre nach dem Dritten Weltkrieg, dem „Wasserkrieg“.
Die Natur ist ausgestorben, die Außenwelt tot. Asha lebt und arbeitet als Museumskuratorin in einer der vom Maitu-Rat eingerichteten Indoor-Communities. Als sie eine Box voller Erde mit der Post erhält, pflanzt sie einen alten Samen in ihr, der sofort zu keimen beginnt. Asha bittet den Rat, ihr die Erlaubnis zu erteilen, nach möglichem Leben in der Außenwelt zu suchen, aber der Rat verweigert ihr das Ausreisevisum. Asha bricht aus der Indoor-Community aus, um in der toten und verfallenen Außenwelt den Setzling zu pflanzen und möglicherweise dort draußen Leben zu finden.
Female Fist von Kajsa Dahlberg
Schweden, 2005, 20 Min., Schwedisch mit engl. UT
Bezugnehmend auf Gruppen wie die Zapatistas, das Schriftsteller*innenkollektiv Wu Ming, die illusionistische Identität von Luther Blissett sowie viele andere kollektive und/oder geheime Gruppen, die ihre Gesichter maskieren, um politisch sichtbar zu werden, besteht das Video aus einem Interview mit einer Aktivistin aus der Kopenhagener queerfeministischen Gemeinschaft. Aufgenommen mit der auf der Kamera verbleibenden Objektivkappe beschreibt die Befragte zunächst den Prozess der Herstellung eines Pornofilms in der lesbischen Aktivist*innengemeinschaft. Dieses Pornofilmprojekt war ein Versuch, „queere“ Darstellungen von Sexualität zu produzieren und sollte unter Frauen* in einem „System des Vertrauens“ verteilt werden, das die Einschränkung enthielt, dass es keinem Mann gezeigt werden durfte. Etwa zur Hälfte des Videos spricht sie dann allgemeiner über die Schaffung von separatistischen Räumen und über die Möglichkeiten, in der heutigen Gesellschaft anders zu sein. Das Video beginnt und endet mit einer stumm geschalteten Szene eines öffentlichen Platzes in Kopenhagen.
Sugar Walls Teardom von Tabita Rezaire
Südafrika, 2016, 21 Min., Englisch
Sugar Walls Teardom enthüllt den Beitrag der Gebärmütter von Schwarzen Frauen* zur Weiterentwicklung der modernen medizinischen Wissenschaft und Technologie. Während der Sklaverei wurden die Körper Schwarzer Frauen* als Rohstoff für die mühsame Arbeit auf Plantagen, in der sexuellen Sklaverei, in reproduktiver Ausbeutung und in medizinischen Experimenten verwendet und missbraucht. Anarcha, Betsey und Lucy gehörten zu den gefangen gehaltenen Versuchskaninchen von Dr. Marion Sims – dem so genannten „Vater der modernen Gynäkologie“ –, der unzählige versklavte Frauen* im Namen der Wissenschaft folterte. Uneingestanden waren die Gebärmütter von Schwarzen Frauen* von zentraler Bedeutung für die biomedizinische Wirtschaft, woran uns die Geschichte von Henrietta Lacks, deren gestohlene Gebärmutterhalszellen die ersten unsterblichen Zellen wurden, die zum medizinischen Durchbruch führten, erinnert. Die biologische Kriegsführung gegen Schwarze Frauen* ist in der heutigen Pharmaindustrie immer noch weit verbreitet. Sugar Walls Teardom feiert die Gebärmutter-Technologie durch einen Bericht über die gewaltvolle Anatomie-Politik und würdigt diese Gebärmütter, ihr Beitrag dazu ist nicht vergessen.