Dyke Bar SPIRITS (021)
Das Café des Schwulen Museums wird für das Jahr der Frau_en zur Bar SPIRITS umgebaut – eine Installation des interdisziplinären Künstler*innenkollektivs um Ernest Ah, T Blank und C Detrow.
Bars und Kneipen, Tanzsäle und Clubs waren immer Orte für queere Menschen, um sich zu treffen und (sich) zu feiern, aber auch, um ihre Kämpfe zu organisieren. Kommerzielle und manchmal auch nicht-kommerzielle Orte waren nicht nur wichtige Zufluchtsorte vor den Zumutungen der Mehrheitsgesellschaft und den oft homophoben Herkunftsfamilien, sondern auch Geburtsorte für die Befreiungsbewegungen der Moderne: von den Damenclubs im Berlin der 20er Jahre zum legendären Stonewall Inn in New York bis zu den Frauencafés in besetzten Häusern der 1980er Jahre.
Das Projekt SPIRITS präsentiert eine Reinszenierung der Dyke Bar als ikonischem Ort queerer Kultur. Es handelt vom Verschwinden selbstbestimmter Räume durch die kapitalistische Verwertungslogik der Gentrifizierung und davon, dass „lesbische“ Treffpunkte mehr betroffen sind, während sich „schwule“ oft in die Kommerzialisierung retten können. Es geht damit auch um Konflikte von Inklusion und Exklusion innerhalb der queeren Communities, die sich immer wieder an der Zugänglichkeit von Räumen entzünden.
SPIRITS beklagt nicht einfach, dass die legendären Dyke Bars, die so lange zentrale Orte der lesbischen Communities waren, im Verschwinden begriffen sind. Stattdessen stellt sich das Projekt die schwierige Frage, wie sie wiederbelebt werden könnten und zwar ohne die alten Ladies Only-Ausschlusspolitiken fortzusetzen und trotzdem die Arbeit der vorhergehenden Generationen lesbischer Aktivist*innen zu feiern. Wie lässt sich Tradition und Generativität als produktive Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erfinden?
Wir verstehen das Wort dyke als Beschreibung für queere Menschen, die zu irgendeinem Punkt ihres Lebens über einen längeren Zeitraum die Erfahrung von selbstgewählter oder zugeschriebener Weiblichkeit* gemacht haben. Ursprünglich als Schimpfwort verwendet, wurde der Begriff zurückerobert und gilt vor allem durch die Befreiungskämpfe der Homosexuellen in den USA als politisch relevant. Der Begriff dyke ist weiter gefasst als der uns bekanntere der Lesbe. Er kann auch Personen beinhalten, die sich nicht als Frauen oder dem binären Geschlechterspektrum zugehörig fühlen oder anderweitig aus der lesbischen Gemeinschaft und Geschichte ausgeschlossen werden.
Wie also könnte eine Dyke Bar der Zukunft aussehen? Auf der Suche nach neuen Räumen fragt das Projekt auch danach, was aus den Hoffnungen auf die neuen virtuellen Räume geworden ist, die der Cyberfeminismus in den Anfängen des Internets so schwungvoll zu bespielen begann. Wie könnte eine Rückeroberung möglich sein? Welche Entwürfe finden sich im feministischen Science Fiction? Welche Spielräume gibt es zwischen einem queeren Verständnis der Wandelbarkeit von Identitäten und den unaufhörlich fortdauernden gewaltvollen Zuschreibungen? Welche Perspektive bietet der Rekurs auf die historische Koinzidenz der Hexenverfolgungen und damit auch die Verdrängung alternativen Wissens mit dem Beginn von Kapitalismus und Kolonialismus – ebenfalls Kämpfe um materielle, soziale und geistige Räume?
Nicht zuletzt ist SPIRITS auch ein Angebot, das die institutionalisierte Museumspraxis durchbricht. Anstatt ein klassisches Ausstellungsformat zu präsentieren, lädt die Dyke Bar ein, Geschichte und Geschichten in einem sozialen Raum zu erfahren und kollektiv fortzuschreiben.